Der Bochumer Nordbahnhof

Neben dem Bochumer Justizzentrum am Rande der Bochumer Innenstadt befindet sich der Bochumer Nordbahnhof, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als „Rheinischer Bahnhof“ gebaut wurde. Wenngleich dieser während des Zweiten Weltkriegs teilweise zerstört wurde – das Gebäude hat das obere Stockwerk verloren – ist die Architektur im sonstigen Gebäude rund um die eindrucksvolle Schalterhalle erhalten geblieben.

Der Nordbahnhof heute, Foto: Thorben Pieper

Während der Zeit des Nationalsozialismus war der Bahnhof Bochum-Nord ein zentraler Ort der nationalsozialistischen Verbrechen in Bochum. So wurden in dieser Zeit hunderte Juden sowie Sinti und Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas und weitere Menschen in Bochum ausgegrenzt, verfolgt, vertrieben sowie entrechtet und deportiert. Die nationalsozialistischen Verbrechen, der millionenfache Mord an den europäischen Juden sowie den Sinti und Roma und anderen Gruppen wurde zwar während des Zweiten Weltkriegs zumeist in Osteuropa durchgeführt, doch wurden die Voraussetzungen dafür ebenso in Deutschland und auch in Bochum gelegt.

Der Bochumer Nordbahnhof sowie der Südbahnhof (heute „Rotunde“) waren die Orte, die als Sammelstellen dienten und von denen aus die Deportationen begannen. In den Jahren 1942 und 1943 diente der Nordbahnhof damit als Ausgangspunkt für die Deportation von verfolgten jüdischen Bochumer:innen, die über Dortmund unter anderem nach Riga (am 27. Januar 1942), Theresienstadt (am 29. Juli 1942 sowie am 5. März 1943) und Auschwitz (am 1. März 1943) gingen. Am Nordbahnhof sammelten sich nicht nur die verfolgten Bochumer:innen – ebenso diente der Ort als Sammelpunkt für NS-Verfolgte aus dem unmittelbaren Umland, wie beispielsweise aus Witten. Ebenso wurden von dort Sinti und Roma aus Bochum nach Auschwitz deportiert und Zeugen Jehovas und Homosexuelle in verschiedene Vernichtungslager.

Nordbahnhof 1940. Foto: Stadt Bochum, Pressestelle und Stadtarchiv

Neben den bereits genannten Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen sowie Zeugen Jehovas wurden ab 1944 auch in sogenannten Mischehen lebende Menschen vom Nordbahnhof deportiert. Ende September 1944 wurden zunächst jeweils die jüdischen Partner:innen dieser Ehen, im Anschluss deren christliche Partner:innen (jüdisch Versippte) sowie schließlich die aus diesen Partnerschaften hervorgegangenen Kinder (Mischlinge) deportiert. Die Menschen, die in diesem Zusammenhang im September und Oktober 1944 in Arbeitslager verschleppt wurden, haben alle überlebt und kehrten nach Kriegsende zurück.

Gleichzeitig diente der Bahnhof-Nord auch als Schlusspunkt für Fahrten nach Bochum: Zum einen endeten einige Deportationen nach Bochum dort, so dass zivile ausländische Zwangsarbeiter:innen und Kriegsgefangene dort ankamen, ehe sie in Bochumer Zwangsarbeiterlager verschleppt wurden. Zum anderen erreichten zahlreiche Résistance-Gefangene (aus Belgien und Frankreich) den Nordbahnhof in Konvois, welche anschließend ins Zentralgefängnis Krümmede gebracht wurden. Auch von diesen Verfolgten-Gruppen starben Hunderte in Bochum.

Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Bahnhof weiter genutzt, ehe der Personenverkehr 1979 endgültig eingestellt wurde.

Mit der Initiative Nordbahnhof (e.V.) existiert seit 2013 in Bochum auch ein Verein, der in Teilen des Nordbahnhofgebäudes einen Gedenkort einrichten möchte, welcher den genannten Opfern gewidmet sein und an die Deportationen erinnern soll (http://www.initiative-nordbahnhof-bochum.de/). 

/Thorben Pieper

Nordbahnhof um 1900. Foto: Stadt Bochum, Pressestelle und Stadtarchiv

Weiterführend siehe u.a.:

Initiative Nordbahnhof (Hrsg.): Gedenkort Nordbahnhof. Erinnern an Deportationen aus Bochum – Konzeptionelle Überlegungen und historische Hintergründe, Bochum 2016.

Evangelische Stadtakademie Bochum (Hrsg.): Stele 8. Geschichte des Bochumer Nordbahnhofs – Der Nordbahnhof als Ort von Deportation und die Vernichtung der jüdischen Gemeinde Bochum, URL: https://www.stadtakademie.de/stelenweg/stele-8.html.

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